@pixabay/mohamed hassan

Bildung und digitale Transformation

Präsenzunterricht, E-Learning und Blended Learning
Impuls von Walter Lüssi, Präsident plusbildung

  • Beim Präsenzunterricht geht es um «Anwesenheit». Die physische Anwesenheit der Teilnehmenden und der Kursleitung ermöglicht Interaktion. «Anwesenheit» impliziert ebenso festgesetzte Termine an bestimmten Tagen. Wer sich angemeldet hat, wird erwartet. «Anwesenheit» korrespondiert mit Aufmerksamkeit. Die „physische“ Infrastruktur verleiht dem Kurs einen klar definierten Rahmen und hilft, sich auf das Thema zu fokussieren und mit der Kursleitung und den übrigen Kursteilnehmenden im Austausch zu sein. «Anwesenheit» motiviert, individuelles Wissen zu erweitern und herausgefordert durch die anderen neugierig zu bleiben.
    Andererseits: Der Präsenzunterricht erfordert eine Anpassungsleistung an das Niveau der Gruppe. Überspitzt gesagt: Während sich die einen langweilen, sind die anderen bereits überfordert. «Anwesenheit» an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit setzt zudem zeitliche Verfügbarkeit und eine gewisse Nähe zum Kursort voraus. Fahrkosten und weitere Auslagen kommen zum Kursgeld dazu.
  • E-Learning ermöglicht Zugang zu einer beinahe unendlichen Wissensdatenbank, die zu jeder Tages- und Nachtzeit, an jedem Wochentag und an jedem Ort zugänglich ist. Das Lerntempo ist frei wählbar. Es gibt keine geografischen Einschränkungen und keine Fahrspesen. Computer oder ein Smartphone und ein Internetanschluss sind weitgehend ohnehin vorhanden. Durch die Beseitigung von Barrieren steht E-Learning für geringere Kosten. Die Vielfalt der Inhalte eröffnet Möglichkeiten für eine Demokratisierung des Zugangs zu Bildung.
    Andererseits: E-Learning verlangt, allein vor seinem Computer zu sitzen, sich meist selbst zu disziplinieren, zu konzentrieren und zu motivieren. Die Anstrengung, regelmässig und dauerhaft dran zu bleiben, sich von Fernsehen, Handy, Kinder, Haustiere, Hobbies und anderen Bedürfnissen nicht ablenken zu lassen und Lücken im vollen Zeitplan zu finden, überfordert viele. Zudem bedeutet der Umstand, dass Lernressourcen zur Verfügung stehen, noch nicht, dass wir sie auch gut organisiert und sinnvoll nutzen.
  • Blended Learning erscheint mit Blick auf die Zukunft von Bildung als ein vielversprechender Mittelweg. Es kombiniert selbstgesteuertes Online-Lernen und die Interaktion mit einer Kursgruppe und der Kursleitung. Wird Blended Learning zudem kombiniert mit Coaching oder Tutoring, können Kursteilnehmende auf individuelle und personalisierte Weise während des gesamten Bildungsprozesses gefördert werden. Durch das Konzept des umgedrehten Unterrichts (flipped classroom), das vom Kursteilnehmenden erwartet, Kenntnisse und Wissen über einen Selbstlernprozess (self-learning) im Vorfeld zu erarbeiten und eigene Erfahrungen einzubringen, wird Bildung vermehrt zu einem wechselseitigen Prozess. Präsenzveranstaltungen dienen dann vorwiegend für den Austausch unter den Anwesenden, für die Vertiefung des Gelernten und für den offenen Dialog.
    Andererseits: Auch Blended Learning ist nicht einfach eine Patentlösung, denn diese Form der Bildung erfordert ebenfalls Zeit und natürlich ein gewisses Budget.

 

Unterlagen – auch kirchliche –  zum Thema «Digitale Bildung»:

Wie digitale Medien Bildung verändern Herausforderungen, Chancen und Projektideen; Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Zentrum Bildung:
https://www.zgv.info/fileadmin/Daten/News_Downloads_2015/2017_01_06_Broschuere_Digitale_Medien_Freigabe_25.04.2016.pdf

Monitor Digitale Bildung. Die Weiterbildung im digitalen Zeitalter; Bertelsmann Stiftung:
https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/BSt_Monitor_Digitale_Bildung_WB_web.pdf

“The lockdown of physical co-operation touches the heart of adult education”: A Delphi study on immediate and expected effects of COVID-19; Bernd Käpplinger:
https://link.springer.com/article/10.1007/s11159-020-09871-w