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Schöne Menschen, glückliche Studierende…

Bilder – Aussage und Wirkung

Der plusbildung Workshop 2018, eine Einführung in die Grundlagen der Bildwahrnehmung, -Gestaltung und –Wirkung, war gut besucht: Rund 30 Fachleute aus reformierten und katholischen Bildungshäusern und Fachstellen liessen sich von Karin Seiler, Dozentin an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK durch die Welt der Bilder führen – ein spannender Ausflug und eine Reiseleiterin mit viel Wissen, Engagement und Humor.

Schöne Menschen, glückliche Studierende

Die Referentin begann ihre Ausführungen mit Klischees und zeigte Stockbilder, wie sie oft in Werbung und PR verwendet werden: schöne, glückliche Menschen. Diese werden von Bildagenturen vorproduziert („to have in stock – auf Lager haben“). Sie sind kostengünstig und leicht erhältlich, entsprechend häufig werden sie verwendet, auch von Bildungsinstitutionen. Anhand von Beispielen von Fachhochschulen zeigte Karin Seiler auf, dass diese Bilder oft unsorgfältig eingesetzt werden. Dabei war es der Referentin ein Anliegen, auch auf die Genderthematik aufmerksam zu machen. Es ist inzwischen zwar üblich, auf Bildern wenn möglich Männer und Frauen zu zeigen, aber dies geschieht erstaunlicherweise sehr oft noch in der traditionellen Rollenverteilung. Beim genaueren Hinsehen, zu dem Karin Seiler immer wieder anregte, fiel schnell auf: Es ist der Mann, der erklärt, die Frauen schauen interessiert zu. Ob solche Werbung beim Zielpublikum für Ausbildungen mit sehr hohem Frauenanteil wie zum Beispiel Ergotherapie wirklich ankommt?

Nach dieser Einführung mit Beispielen, wie man es besser nicht machen sollte, illustrierten Übungen, wie innere Bilder entstehen und sich nicht nur im individuellen, sondern auch im kollektiven Gedächtnis einprägen: Sätze wie „Eine Frau in einem rosa Kostüm klettert aus einem Cabrio auf dessen Kofferraum“ oder „Ein Feuerball, eine Rauchsäule, zwei Hochhäuser“ evozierten bei allen Teilnehmenden sofort ein Bild bzw. ein historisches Ereignis.

Bilder und Assoziationen

Bilder wirken nicht nur intuitiver und emotionaler als Texte. Sie helfen auch, Dinge sehr viel schneller zu erklären, erläuterte die Referentin. Der Text sei abstrakt und seine Bedeutung festgelegt, das Bild sei konkret, jedoch in seiner Bedeutung offen. Und dies sei auch die grosse Schwierigkeit: Bilder würden oft nicht gleich gelesen. Zwei Bilder, welche den Teilnehmenden ohne Kontext und Kommentar vorgelegt wurden, machten dies deutlich. Bei einem der Bilder war der Interpretationsspielraum deutlich grösser. Wolle man das Bild als Kommunikationselement einsetzen, sei es wichtig, bei unterschiedlichen Personen möglichst viel Übereinstimmung zu erreichen, so das Fazit von Karin Seiler: „Gelingende Bildkommunikation setzt voraus, dass das Zielpublikum mehr oder weniger deckungsgleiche intersubjektive Assoziationen hat“.

Einflussfaktoren in der Bildwahrnehmung

Einflussfaktoren für Bildwahrnehmung und -Wirkung sind gemäss Karin Seiler Biologie, Wahrnehmungsgesetze, Wissen, Sozialisierung, Kontext/Situation. Nebst gut bekannten Faktoren wie dem Kindchenschema zeigte die Referentin Beispiele, welche die von der Gestaltpsychologie entwickelten Gestaltungsgesetze verdeutlichen: „Wahrnehmen heisst ordnen“, so Karin Seiler. Unser Blick nähme zum Beispiel Dinge, die sich nahe sind oder Ähnliches zeigten, zusammen wahr (Gesetz der Nähe und der Ähnlichkeit). Auf dem gleichen Grundsatz beruhe auch die Tatsache, dass ein andersartiges Element in einer Reihe von gleichen Elementen besonders auffalle (Gesetz der Prägnanz). Ein weiterer wichtiger Faktor in der Bildwahrnehmung sei das Wissen, führte die Referentin weiter aus. Unsere Wahrnehmung hänge ab von Vorinformationen, unserer Kenntnis von Konventionen, Icons und Symbolen, aber auch von historischem und kulturellem Wissen. Zu diesem Wissen gehören gemäss Karin Seiler auch die Normen und Werte einer Gesellschaft.

Beispiele zum Thema Bild und Wirklichkeit rundeten die Präsentation ab – in Zeiten von Photoshop ein omnipräsentes Thema. Wie die Referentin erklärte, werde zwar sehr viel modifiziert, es gäbe jedoch auch viele Personen und Netzwerke, welche sich darauf spezialisiert hätten, manipulierte Bilder im Internet zu suchen und aufzudecken.

Kriterien für die Bildauswahl

Den Teilnehmenden wurden in knapp zwei Stunden Workshop sehr viele Informationen präsentiert und anhand ausgewählter Bildbeispiele visualisiert. Das Thema ist vielschichtig und die angeregte Diskussion hätte noch stundenlang weiterverfolgt werden können.
Vier wichtige Punkte, die es bei der Bildauswahl zu beachten gilt, wenn man will, dass die Botschaft ankommt, gab Karin Seiler den Teilnehmenden zum Schluss mit auf den Weg:

  • Gültigkeit: Wird Wirklichkeit gültig wiedergegeben?
  • Verständlichkeit: Ist die Botschaft visuell nachvollziehbar formuliert?
  • Stimmigkeit: Sind die formalen Gestaltungsmöglichkeiten adäquat genutzt?
  • Ethische Verantwortung: Werden Einzelne oder Gruppen verletzt?

 

Catherine Hauser, 
für plusbildung

Referentin: Karin Seiler, Leiterin Knowledge Visualization, Department Design der Zürcher Hochschule der Künste